Oktogon
Im Südosten von Olympia befinden sich die sog. Ostthermen. Hier wurde 1963 im Oktogon, einem achteckigen Tepidarium, ein Mosaikboden mit Seewesen freigelegt. Das Paviment befand sich unter einer "etwa 15cm hohen, anscheinend antiken Brandschicht" (Eintrag im Grabungstagebuch vom 22.1.1963). Die Ostthermen wurden von ihrem Ausgräber Alfred Mallwitz in die Zeit des Septimius Severus, Anfang des 3. Jhs. n. Chr. datiert. Er nahm an, daß sie anläßlich eines Besuches seiner Frau Julia Domna in Olympia im Jahre 201 n. Chr. geschaffen wurden.
Das Mosaik ist der Form des Saales angepaßt: Acht große trapezförmige Felder ordnen sich radial um ein achteckiges Medaillon. In den breiten Streifen zwischen den Feldern wachsen verschiedenfarbige Lorbeergirlanden aus Krateren zur Raummitte hin auf. Das Medaillon wird zusätzlich von einem sog. Zeltdachband gerahmt, dessen gelbe Ringe die schwarze Einfassungslinie überschneiden. In den trapezförmigen Feldern befindet sich jeweils ein größeres Seewesen in Begleitung von einem oder zwei Delphinen. Zwei Felder an der Westseite sind nahezu vollständig erhalten. Sie zeigen einen Hippokampen und einen Seestier, die einander symmetrisch zugewandt sind. Auch die Tiere in den übrigen Feldern bildeten wahrscheinlich antithetische Gruppen. Ein Seelöwe, eine Seeziege und vier zugehörige Delphine sind fragmentarisch erhalten.
Das Oktogon-Mosaik ist in hellen Farbtönen (Hellblau, Grau, Beige und Rosa) gehalten. Die Farbpalette ist sehr übersichtlich im Vergleich zu den Mosaikbildern der Kronionthermen. Bei den Tieren sind die Konturlinien, Flossen und Kiemen durch rotbraune Steinchen hervorgehoben.
Die Seewesen besitzen nicht die differenzierte Körpermodellierung ihrer Artgenossen in den Kronionthermen. Die Tessellae sind schematisch in parallelen Reihen gelegt und von einheitlicher Größe. Selbst für die Köpfe wurden relativ große Steinwürfel von 0.8 - 1.0 cm Kantenlänge verwendet. Punktuelle Aufhellungen verleihen den Tierkörpern etwas Plastizität, insgesamt wirken sie jedoch flach und zweidimensional. Die Flossen der großen Phantasietiere sind ohne Berücksichtigung organischer Zusammenhänge auf ornamentale Weise gewunden.
A. Mallwitz, Olympiabericht X (1981) 9f. Taf. 1; Ders., AW 19/2, 1988, 41 Abb. 25. 26; E. Kunze, ADelt 18,1, 1963, Chron 110 Taf. 147; M. Chatzidakis und N. Yalouris a.O. Taf. 21. 147; Herrmann a.O. 189f. Anm. 771f.; Waywell a.O. 300 Nr. 34 Taf. 49, 29-30; I. Nielsen, Thermae et Balnea (1990) 98 Anm. 19; 113 Anm. 135 Nr. C. 273; Verf., Die kaiserzeitlichen Mosaiken in Olympia. Eine Bestandsaufnahme, in: VI Coloquio internacional sobre Mosaico antiguo. Palencia-Mérida, Octubre 1990 (1994) 135-147.
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